Über den Krönungsmantel

Die komplexe, aber klar angeordnete Komposition des aus dem ersten Hundertstel des ungarischen Christentums rückgebliebenen Mantels wurde in einer abwechslungs- und detailreichen Weise hergestellt. Es zeichnen sich mehr als achtzig Figuren und Szenen, die in einer geometrischen Ordnung in Gruppen dargestellt sind. Die mit Mandorlen (mandelförmigen Glorien) hervorgehobenen Figuren wurden mit Auslegungsaufschriften versehen. Die im Leoninischen Hexameter (im rhythmischen-quantitierenden Versprinzip) geschriebenen, lateinischen Aufschriften gehören zu den ältesten Erinnerungen der ungarischen lateinischen Literatur.

Cool Timeline

996

Eheschließung von Stefan und Gisela von Bayern

Eheschließung von Stefan und Gisela von Bayern

Die Eheschließung von Stefan, dem Sohn des ungarischen Großfürsten Géza und Gisela von Bayern, der Tochter von Henrik II. (dem Zänker) hat in der Kapelle der bayerischen Burg Scheyern stattgefunden, die heute als Erinnerung an dieses Ereignis Königskapelle genannt wird.

1000 oder 1001

Krönung von Stefan

Krönung von Stefan

Durch die Krönung von Stefan wurde das Ungarische Fürstentum zum europäischen christlichen Königreich. Die Krönung hat Stefan eine neue Legitimation sichergestellt, und hat deutlich zu der Steigerung seines Respektes und seiner internationalen Anerkennung beigetragen. Die Krönung hat am Hof in Esztergom stattgefunden. Die Krönungszeremonie ist auf den ersten Tag des neuen Jahrtausends gefallen, welcher Tag der 25. Dezember 1000 (entsprechend dem Julianischen Kalender) oder der 1. Jänner 1001 sein konnte.

um 1002

Stiftung des griechischen Nonnenklosters Veszprémvölgy

Stiftung des griechischen Nonnenklosters Veszprémvölgy

Das Kloster wurde von König Stefan gegründet. Die Aufgabe der Nonnen aus Veszprémvölgy war neben der Frauenerziehung die Ausstaffierung der in Ungarn gebauten Kirchen mit kirchlichen Kleidern, nach dem II. Gesetzbuch von Stefan „soll der König für die Kleider und Altardecken, und der Bischof für die Pfarrer und Bücher sorgen“. Das zum Krönungsmantel verwandelte Messgewand wurde hier gefertigt. Die Klosterruinen gehören zu der heutigen Stadt Veszprém, deren Kathedrale Gisela bauen lassen hat. Das in der Hand von Königin Gisela gehaltene Gebäudemodell auf dem Mantel weist vielleicht gerade darauf hin. Die Krönung der Königinnen war das Privilegium der Bischöfe von Veszprém, deswegen wird Veszprém auch heute als „Stadt der Königinnen“ erwähnt.

um 1018

Stiftung der Basilika von Fehérvár

Stiftung der Basilika von Fehérvár

Fehérvár wurde ab der Beerdigung des Fürsten Géza im Jahr 997 hoch respektiert. Hier wurde um 1018 die wichtigste Kirche des mittelalterlichen Ungarischen Königreichs aufgebaut, deren Bau König Stefan kurz nach der Staatsgründung angeordnet hat. Die als Krönungs- und Beerdigungsort dienende Kirche war mit ihrer Grundfläche von 60×30 m und der Raumhöhe von ca. 30 m eine der größten Basiliken des damaligen Europas. König Stefan hat 1031 das verzierte Messgewand dieser Marienbasilika geschenkt, das später zum Krönungsmantel verwandelt wurde. Alba Civitas, das heißt der Name der Weißen Burg erscheint auch in der auf dem Mantel herumlaufenden Aufschrift.

1031

Die Entstehung und Schenkung des Krönungsmantels

Die Entstehung und Schenkung des Krönungsmantels

König Stefan und Königin Gisela haben ein verziertes Messgewand (eine Kasel) der Marienbasilika von Fehérvár geschenkt. Der Grundstoff des glockenförmigen Messgewands ist blau-lilafarbige Seide aus Byzanz mit Rosettenmuster, der fast im vollen Umfang von der golddurchwirkten Verzierung verdeckt wird (das Gewicht beträgt 4,3 kg). Die beispiellos reiche Verzierung des Messgewands zeigt, dass es für einen besonderen Anlass, vermutlich für den 35. Hochzeitstag des königlichen Paares oder für die Danksagung nach dem erfolglosen Kriegszug von Konrad II. dem deutsch-römischen Kaiser gegen Ungarn (1031) gefertigt wurde. Eine lateinische Dedikation (Empfehlung) benennt die Schenker, das Datum und den Ort der Schenkung.

Die Reihenfolge der auf dem Kreisbogen dargestellten Figuren und Szenen wurde symbolisch aufgebaut. Oben erscheinen der Chor der Engel, Christus und Maria, dann im Halbkreis die Propheten des Alten Testamentes, die Apostel und zuletzt die Blutzeugen. Die Figur von Christus erscheint mehrmals. Neben den Figuren sieht man ihren Namen, und ein lateinischer, gereimter Auslegungstext für die in mandelförmigen Rahmen hervorgehobenen Figuren wurde auch auf den Mantel gestrickt. Laut Legende hat Königin Gisela auch an der Fer-tigung des Messgewands in dem Nonnenkloster Veszprémvölgy teilgenommen.

1038

Tod des Königs Stefan

Tod des Königs Stefan

König Stefan ist nach mehr als 40 Jahren Herrschaft an dem Tag von Maria Himmelfahrt (am 15. August) gestorben. Seine staatseinigende, kirchenorganisierende und gesetzgebende Arbeit hat den Ungarischen Staat geschaffen, der seither auch existiert. Sein Sohn, Herzog Emmerich ist ohne Erbfolger gestorben, deswegen hat er das Land vor seinem Tod Maria gewidmet. Von hier stammt die Benennung „Regnum Marianum”, das heißt Königreich Mariens. Stefan wurde in der Basilika von Fehérvár begraben, nach den Aufzeichnungen „wurde sein heiliger Körper in der Mitte des Gebäudes in einen aus weißem Marmor gehauten Sarkophag gelegt“.

1172–1196

Umwandlung des Messgewands zum Krönungsmantel

Umwandlung des Messgewands zum Krönungsmantel

Das Messgewand wurde wegen seiner reichen Verzierung und Beziehung zu Stefan zum Krönungsmantel. Die Krönung wurde im Rahmen einer heiligen Messe durchgeführt. Die Zeremonie hat mit der Weihe des Königs, mit der Anbringung des geweihten Öles angefangen, somit wurde gezeigt, dass der König nach Gottes Willen herrscht. Die Umwandlung hat während der Herrschaft von Béla dem III. stattgefunden. Die Geschichte des Mantels ist seither mit der Geschichte der Heiligen Krone verbunden. Der Krönungsmantel und die Heilige Krone sind gemeinsam mit dem königlichen Zepter, dem Reichsapfel und dem Krönungsschwert die Insignien, die bis zu dem XIV. Jahrhundert von der Kirche in Székesfehérvár bewacht wurden.

1539

Die letzte Krönung in Székesfehérvár

Die letzte Krönung in Székesfehérvár

Die Krönungen wurden zwischen 1038 und 1539, also 500 Jahre lang in der Krönungsbasilika in Székesfehérvár durchgeführt. In diesem Zeitraum wurden 44 Könige gekrönt. Die Letzte war die Krönung der Frau des Königs Johann Zápolya des I., der Königin Isabella Jagiellonica im Jahr 1539.

1563–1792

Krönungen in Bratislava

Krönungen in Bratislava

Während der Türkenherrschaft von 1563 ganz bis 1792 war Bratislava die Ortschaft für die Krönungen. Hier wurden die meisten ungarischen Könige der Habsburg-Dynastie gekrönt. Matthias II. wurde 1608 gekrönt. Das erste bekannte Bild wurde von ihm gefertigt, worauf er mit der Krone und dem Mantel von Stefan dem Heiligen zu sehen ist.

1792

Krönung in der Maria Magdalena-Kirche in der Budaer Burg

Krönung in der Maria Magdalena-Kirche in der Budaer Burg

Franz Josef Karl aus dem Haus Habsburg-Lothringen, der als Franz I. auf den ungarischen Thron gekommen ist (1792-1835), war der Enkel von Maria Theresa. Seine Krönung hat am 6. Juni 1792 in der Maria Magdalene-Kirche stattgefunden. Die Kirche hat damals leer gestanden, und wurde nur für diesen Anlass eingerichtet und geschmückt. An der Krönung hat der damals 16 Jahre alte Erzherzog Josef, der spätere Palatin teilgenommen, der zu diesem Zeitpunkt das erste Mal in Buda war.

1849

Während des Freiheitskamps

Während des Freiheitskamps

Während des Freiheitskampfes von 1848-49 wurden die Insignien am 23. August 1849 in einer einfach geschmückten Eisenkiste in der Nähe der neben der Grenze liegenden Stadt Orsova (heutige Rumänien) vergraben. Die Heilige Krone, das Schwert, der Mantel und die anderen Zeichen haben sich 4 Jahre lang in der Tiefe der Erde an dem Donauufer unter einem Weidenbaum verborgen. Die kaiserliche Armee hat sie erst im September 1853 gefunden. Das Prachtgewand ist wegen der Feuchtigkeit mit der Ausnahme des Mantels zerfallen.

1867

Krönung von Franz Josef

Krönung von Franz Josef

Franz Josef und Königin Elisabeth wurden am 7. Juni 1867 in der Liebfrauenkirche (Matthiaskirche) in der Budaer Burg gekrönt. Die Insignien wurden danach bis zu dem II. Weltkrieg in dem Burgpalast bewacht. Für die Krönung von Franz Josef im Jahr 1867 musste der 4 Kilogramm schwere Krönungsmantel repariert werden. Während der Reparatur wurden die aufgelösten Strickereien zu den Textilschichten zugenäht. Der Mantel hat auch ein neues Futter erhalten.

1916

Die letzte Krönung

Die letzte Krönung

Der Krönungsmantel wurde bei der Krönung des Königs Karel IV. und der Königin Zita am 30. Dezember 1916 das letzte Mal verwendet. Die Krönung während des I. Weltkriegs hat in der Liebfrauenkirche (Matthiaskirche) in der Budaer Burg stattgefunden. Paar Tage vor der Krönung hat Königin Zita im Rahmen einer Zeremonie ein paar Nähte auf den Mantel gemacht, und damit die Arbeit der Königin Gisela geehrt.

1945–1978

Der Krönungsschmuck in Amerika

Der Krönungsschmuck in Amerika

Die Insignien waren 33 Jahre lang nach dem II. Weltkrieg in amerikanischer Hand. Sie wurden bis 1953 an einem amerikanischen Stützpunkt in Deutschland, dann 25 Jahre lang in Fort Knox im Staat Kentucky neben den Goldreserven der Vereinigten Staaten von Amerika bewacht. Sie wurden während der Regierung des Präsidenten Carter nach Ungarn zurückgeliefert. Die Übergabe erfolgte am 6. Jänner 1978 im Parlament. Der Krönungsmantel wird ab der Rücklieferung in dem Ungarischen Nationalmuseum aufbewahrt.

2000–2004

Krönungsmantel Bronzerelief

Krönungsmantel Bronzerelief

Tibor Rieger Bildhauer hat mit mehrjähriger Arbeit die fast 1000 Jahre alte Textilie neu konstruiert. Sein Bronzerelief verlebendigt den Geist des Hofes des Königs Stefan des Heiligen. Das Relief präsentiert die Darstellungen des Mantels im Halbkreis ausgelegt in vollem Umfang. Das halbkreisförmige (210 cm hoch, Durchmesser 434 cm) Kunststück aus Bronze ist eine anderthalbfache Vergrößerung des ursprünglichen Seidenmantels. Es spiegelt die Linien der auf dem Textil teilweise schon schwer ersichtlichen originalen Strickerei authentisch wieder.